Persönliche Saisonbilanz 2016 / 17 einer „Talenteschmiede“
Die am Wochenende mit den letzten ÖM Nachwuchsbewerben sehr erfolgreich für den ATSC Kelag Wildcats Klagenfurt zu Ende gegangene Saison 2016/17 bietet nunmehr auch Zeit ein Resümee der vergangenen Spielzeit zu ziehen.
Zuerst die Zahlen:
Bundesliga I 4. Platz Meisterschaft und Erreichen des Final Four im österreichischen Cupbewerb
Bundesliga II Relegation gegen den Abstieg aus der II. BL gewonnen ( Gegner Ried )
U19 Österreichische Staatsmeisterinnen ( Gold ) 2015/16: ÖM Platz 1 ( Gold )
U17 ÖM Platz 8 ÖM Platz 2 ( Silber )
U15 ÖM Platz 3 ( Bronze ) Ktn. 3. Platz
U13 Kärntner Meisterschaften Platz 3 ÖM Platz 2 ( Silber )
U12 ÖM Platz 2 ( Silber ) ÖM Platz 9
U11 Österreichische Staatsmeisterinnen ( Gold ) Ktn. Platz 4
Bei näherer Betrachtung dieser Erfolgsliste wird schnell ersichtlich, dass ( auch im Kontext mit den Vorjahren ) im Verein hervorragende Nachwuchsarbeit geleistet wurde und wird. Eine unsichtbare Schranke scheint sich erstmals im Maturajahr der Spielerinnen, also mit 17 und 18 zu ergeben, wenn sie nicht im Kader der Kampfmannschaft stehen und „nur“ im Team der Bundesliga II zum Einsatz kommen. Dies sei auch dem ausgedünnten Kadern geschuldet, da für einen Verein mit unserer Größe noch immer viel zu wenig Nachwuchsspielerinnen zum Volleyballsport finden, um so einen „österreichischen Weg“ ( Beispiel UVC Graz ) mit dem Bundesliga I Team gehen zu können. Außerdem ist es schon mathematisch erwiesen, dass eine Teilung einer ohnehin kleinen Anzahl an Spielerinnen durch vor Ort um diese Spielerinnen konkurrierende Vereine nicht zu einer Optimierung der Leistungen führen kann. Abgesehen von natürlichen Leistungsschwankungen der sehr jungen Spielerinnen bei den einzelnen Nachwuchsturnieren erkämpfen sie regelmäßig in allen Altersklassen Medaillen bei österreichischen Meisterschaften und stellen eine Vielzahl an Nationalteamspielerinnen. Hier ist eindeutig die kontinuierliche Arbeit und die langjährige Verantwortung unserer Nachwuchstrainnerinnen Benja Rasic und Maja Präprost mit deren Team als Handschrift zu erkennen – dafür herzlichen Dank und ebenso herzlichen Glückwunsch zur „Talenteschmiede“ und den großen Erfolgen mit den jungen Wildkatzen.
Negativ für diese Entwicklung erscheinen die vielseitigen „Verpflichtungen“ dieser Talente schon im Teeniealter mit Verein ( in viel zu vielen Mannschaften eingesetzt ) und in den diversen Auswahlen ( Schule, Kärnten, Nationalteam ). Hier herrscht eindeutig großer Verbesserungsbedarf hinsichtlich stringenter Strukturen ( klare Mannschaftszuordnungen der Spielerinnen – z. B. kein permanenter Einsatz von 15jährigen in der Kampfmannschaft etc. ), Ausbau der medizinischen Betreuung ( Arzt, Physio und Trainingsüberwachung permanent ) schon ab U15 etc.
Dies muß im Verein „gelebt“ und vom Trainerteam langfristig umgesetzt werden damit nicht schon in frühen Sportlerinnenalter ûnbedacht der Grundstein für schwere Langzeitschäden gelegt wird ( Wirbelsäule, Bänder und Gelenke, Rücken- und Schultermuskulatur etc. ) zumal die jungen Damen in diesen Jahren individuelle Entwicklungsphasen durchzumachen haben und schon aus diesem Grund vor falschem Ehrgeiz ( auch jenem der Eltern ) zu bewahren sind. Hier sind die größeren Talente behutsam aufzubauen und über einen längeren Zeitraum an den Bundesligaanspruch heranzuführen.
Womit wir beim schwierigsten Teil des Unternehmens „Spitzenclub und Talenteschmiede“ angekommen wären – schon in den letzten Jahren kam es zu einer mehr oder weniger verwässerten Kadereinteilung ( als Gesamtkader 1 – 23 für I. und II. Bundesliga tituliert ), die sich einerseits am vorhandenen Spielerinnenpotential der heimischen Wildkatzen zu orientieren hatte, andererseits jedoch dem Desinteresse des damaligen Cheftrainers an der II. Bundesliga und den Spielerinnen geschuldet war. Um dies zu korrigieren trennte sich der Vorstand vom Trainer, verpflichtete ein Trainerteam für die II. Bundesliga und eine neue Cheftrainerin.
Da die Anzahl der Kaderspielerinnen für die Bundesligateams ohnehin ausgedünnt ist, das Niveau für die I. Bundesliga auch in starken Jahrgängen von zu wenigen heimischen Spielerinnen erreicht bzw. gehalten werden konnte, permanent auch der Verletzungsteufel zuschlug und heimische Spielerinnen nicht an den Verein gebunden werden konnten ( teils Studienbeginn in Wien, teils Abwanderung zu ausländischen Klubs, langwierige und schwere Verletzungen etc. ) mußten jede Saison „Legionärinnen“ aus Amerika, Slowenien, Serbien verpflichtet werden um den Anspruch auf einen Spitzenplatz in der Meisterschaft und im Cup im Vergleich zum eingesetzten Budget rechtfertigen zu können. Hier scheiterten die Überlegungen und Ausrichtungen des Vorstandes an den internen und externen Strukturen.
Erfolgreiche Jugendarbeit bedeutet Spielerinnen an die Nationalmannschaft abzustellen, was ja eigentlich eine hohe Auszeichnung für die Spielerin und den Verein darstellt – nicht aber wenn diese Spielerinnen in jungen Jahren schon in mehreren Kadern der Nationalteams auftreten müssen, die Folgen der Überlastungen der Verein zu tragen hat ( andere pausieren und haben Erholungsphasen sowohl körperlich, als auch mental vom Schulbetrieb und von der permanenten Sportbelastung etc ) und das Verletzungsrisiko jede Saison ab Jänner / Feber deutlich zu steigen beginnt. Je erfolgreicher die Talenteschmiede umso schwieriger wird es für den Verein einen geregelten Trainings- und Spielbetrieb aufrecht zu erhalten und gezielt auf Saisonziele hinzuarbeiten da außer den Legionärinnen fast alle heimischen Stammspielerinnen, so sie nicht ohnehin verletzt sind, entweder nicht zur Verfügung stehen oder einer Erholungspause bedürfen, um dem permanenten Beanspruchungen mit zunehmender Saisondauer noch entsprechen zu können. Die Legionärinnen beginnen etwa zu dieser Zeit ( im Dezember ) ebenfalls unter den geänderten Trainings- und Belastungsprofilen zu „leiden“, da die Stammspielerinnen selten mehrere Trainingseinheiten hintereinander miteinander absolvieren können. Fazit: entweder es steht eine hohe Anzahl an Legionärinnen zur Verfügung, die ohnehin das Spiel tragen( siehe Serienmeister Sokol Wien ) und die heimischen Spielerinnen dürfen auch zeitweise mitspielen, oder es sind ausreichend heimische Spielerinnen mit Bundesliganiveau im Kader ( dzt. nur in Graz der Fall ) und das eigentliche Ziel nur mit heimischen Talenten konkurrenzfähig zu sein wird erreicht.
Was bleibt ist als Conclusio einerseits höchst erfreulich und andererseits höchst ernüchternd – Jugendarbeit lohnt sich und trägt Früchte, die TrainerInnen und die Spielerinnen zeigen mit ihren Leistungen jedes Jahr, dass man mit Talent, Ehrgeiz und Fleiß bei richtiger, einfühlsamer und problembewußter Führung große Erfolge nach Hause bringen kann. Konzentrierter Mannschaftssport ist für die Gesundheit, den Willen und die Charakterbildung dieser jungen Menschen überaus wichtig und dessen gesellschaftliche Bedeutung muß vom Umfeld auch so gesehen und gefördert werden.
Weiterführende Bewerbsstrukturen sind dann nur noch zum „teuren Dabeisein“ und als Notwendigkeit für die Erlangung von Serienmeistertitel in Wien vorgesehen, da mit 51 Meistertiteln und in Serie keine Liga der Welt gesund sein kann, wenn der Verein ausschließlich von finanziellen Zuwendungen von Stadt, Land und Sponsoren abhängig ist, bei denen Vizemeistertitel oder mittlere bis hintere Tabellenplätze in Serie keinerlei Euphorie und Freudentaumel auszulösen im Stande sind und außerdem dann auch noch vom Verband in bestehende, langjährige Sponsorverträge einzugreifen versucht wird und dies auch von Erfolg gekrönt ist.
Im professionellen, bezahlten Sport müssen nun einmal der gesponserten Unterstützung zähl- und verwertbare Leistungen gegenüber zu stellen sein – ist dies nicht durch Werbung, Medien und Einschaltziffern zu ermöglichen und steht das Budget nicht im Verhältnis zu damit realistisch erreichbaren Erfolgen ist jeder Verein gut beraten keine finanziellen Abenteuer aus welchen Gründen auch immer zu starten oder fortzusetzen, sondern sich auf seine Nachwuchsarbeit zu fokussieren – denn damit können nach wie vor – siehe oben – viele wertvolle menschliche und sportliche Ziele erreicht werden, die es allemal einer unprofessionellen Scheinwelt einiger Weniger vorzuziehen gilt.
Nachsatz: aus Fehlern sollte man lernen und so wird es unumgänglich zum Wohle des Kärntner Volleyballsportes sein alte Gegensätze zu überdenken und zu begraben – den Jugendsport eindeutig und stringent zu organisieren, nicht alles nur mit wenig Erfolg zu machen, sondern konzentriert zu arbeiten und so maximalen Erfolg für die Sportler, Betreuer und Vereine vorweisen zu können.
Klagenfurt braucht nur einen Verein jeweils für Mädchen und Burschen, darüber jedoch die Anbindung an ein Leistungszentrum für die Jugendlichen und jeweils eine konkurrenzfähige Bundesligamannschaft, welche dann auch schon mal um Titel und Cupsiege mitspielen können sollte.
DI Jürgen Freller
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